spot.
Streetwork. Prävention. Orientierung. Teilhabe.
Seit 2018 existiert das Team ‚spot.’ bei VAJA. Im Rahmen von aufsuchender Jugendarbeit und durch Workshopformate wenden sich die Streetworker*innen an jugendliche Cliquen im öffentlichen Raum des Bremer Stadtgebietes. Die pädagogische Begleitung ist dabei vor allem an den Interessen und Bedürfnissen der Jugendlichen ausgerichtet. Dazu gehört u.a. die Unterstützung bei
- der Gestaltung von Freizeit- oder Sportaktivitäten
- Schwierigkeiten in Freundschaften, Schule oder Ausbildung
- Fragen zu Politik, Gesellschaft oder eigenen Zukunftsplänen.
Begründet in der historischen Entwicklung des Vereins legt das Team zudem ein besonderes Augenmerk – ein ‚spotlight’ – auf die Auseinandersetzung mit antidemokratischen Orientierungen und Aspekten von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
Der Arbeitsbereich des spot.-Teams setzt an den Erfahrungen an, die VAJA seit seiner Vereinsgründung in der ‚Akzeptierenden Jugendarbeit mit rechten Cliquen’ (dazu s. weiter unten auf dieser Seite) gemacht hat und berücksichtigt fortlaufend die Entwicklungen und Veränderungen im Arbeitsfeld und im Zuständigkeitsbereich. Diese spielen sich aktuell u.a. vor dem Hintergrund von gesellschaftlichem und politischem Wandel, zunehmender jugendkultureller Diversität, sich grundlegend veränderndem medialen Nutzungs- und Kommunikationsverhalten junger Menschen sowie regionaler Spezifika ab.
Mit Blick auf die letzten Jahre hat insbesondere die (anscheinend) steigende Akzeptanz rechtspopulistischer Positionen in der gesellschaftlichen Mitte dazu geführt, dass das Team in den Bremer Stadtteilen zunehmend Arbeitsanlässe vorfindet, die ein vermehrtes Aktiv-werden in ‚gemischten’ Gruppen zur Folge haben und weniger in solchen, die sich als einheitlich ‚rechts’ verstehen. Auf diese Weise soll bereits dem Aufkeimen oder der Verstetigung diskriminierender, feindseliger und gruppierungsablehnender Mentalitäten innerhalb jugendlicher Cliquenzusammenhänge möglichst frühzeitig entgegengewirkt werden.
Dem Selbstverständnis des Teams und des Vereins folgend, werden derartige Entwicklungen bei der Ausrichtung der pädagogischen Herangehensweisen und Schwerpunktsetzungen von jeher berücksichtigt, um eine zeitgemäße, zielführende und wirksame Form der Präventionsarbeit im Kontakt mit jugendlichen Cliquen anbieten zu können. Zu den Zielstellungen gehört dabei u.a. die Distanzierung von bzw. Distanzwahrung zu rechtsextrem und menschenfeindlich konnotierten Denk- und Verhaltensmustern, bspw. indem subjektiv erlebte Ausgrenzung Jugendlicher aufgelöst wird und (re)-integrative Angebote mit ihnen umgesetzt werden, die auf Zugehörigkeits-, Teilhabe- und Anerkennungserfahrungen ausgerichtet sind.
So wurde unter dem Titel ‚Distanz(-ierung) durch Integration‘ (VAJA/Möller 2007) in einer prozessbegleitenden Wissenschaft-Praxis-Kooperation eine konzeptionelle Weiterentwicklung akzeptierender Jugendarbeit erarbeitet. Teil dessen war auch eine dreijährige externe Evaluation – die bundesweit erste dieser Art für pädagogische Arbeit mit rechtsextrem orientierten Jugendlichen (vgl. deutsche jugend 12/2007). In diesem Zusammenhang wurde VAJA 2008 für die Arbeit des Teams mit dem Deutschen Kinder- und Jugendhilfepreis (Hermine-Albers-Preis) in der Kategorie „Praxispreis der Kinder- und Jugendhilfe“ ausgezeichnet.
Handlungsansätze und Methoden des Teams werden stets praxisbegleitend weiterentwickelt und erprobt, zuletzt etwa unter Einbeziehung digitaler Medien (bspw. durch die partizipative Entwicklung einer App). Diese finden Anwendung sowohl im Bereich von STREETWORK, Cliquen-/Gruppenarbeit und Einzelfallhilfe im öffentlichen Raum, als auch im Rahmen von projektorientierten Angebotsformen mit z.B. Workshopcharakter.
Für die Praxis des Teams ist eine Konsequenz aus den o.g. Entwicklungen zudem, das Portfolio der Arbeitsbereiche dort bedarfsgerichtet auszubauen, wo es sich an der Schnittstelle der primären und sekundären Ebene von PRÄVENTION bewegt, sowohl bezogen auf die eigenen Zugänge zu Jugendcliquen im öffentlichen Raum als auch in kooperativen Zusammenhängen mit anderen VAJA-Teams oder kooperierenden Institutionen im Bereich ‚Soziales’ wie z.B. Jugendfreizeiteinrichtungen.
Im Rahmen dieses Vorgehens soll u.a. erreicht werden, dass der Rückgriff von Jugendlichen auf (mitunter gewohnte) Ausgrenzungs- und Diskriminierungsmechanismen von ihnen als weniger relevant oder gar obsolet eingeordnet und dafür eine gesteigerte ORIENTIERUNG an demokratischen Werten gewonnen wird. Im Rahmen des pädagogischen Prozesses wird dies vor allem anhand von erlebter gesellschaftlicher und gemeinschaftlicher TEILHABE erfahrbar gemacht, was im Feld aufsuchender Jugendarbeit einen wesentlichen Aspekt integrationsfördernder Unterstützung ausmacht.
Die Erfahrungen in diesem Themenfeld werden von den Mitarbeiter*innen außerdem dafür genutzt, Eltern und Angehörige von rechtsextrem orientierten Jugendlichen sowie Multiplikator*innen aus angrenzenden pädagogischen Bereichen zu beraten, wenn sie in ihrem (Arbeits-) Alltag mit entsprechenden Herausforderungen konfrontiert sind.
Akzeptierende Jugendarbeit mit rechten Cliquen
‚Akzeptierende Jugendarbeit mit rechten Cliquen‘ war 1992 das Gründungsprojekt von VAJA und ist bis heute Bestandteil des Vereinsprofils, inzwischen als Aufgabenbereich des spot.-Teams. Zielgruppe in diesem Arbeitsbereich sind Jugendliche, die als rechtsextrem orientiert bzw. rechtsradikal bezeichnet werden und/oder durch extrem intolerante Verhaltensweisen im Sinne von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auffallen.
Die Arbeit ist aufsuchend, d.h. sie findet dort statt, wo sich die Jugendlichen aufhalten. Dies können neben Spielplätzen, Parkbänken und Einkaufszentren auch alle anderen Orte im öffentlichen Raum sein, die von Jugendlichen als Treffpunkte genutzt werden. Die Erfahrung in der akzeptierenden Arbeit im Umgang mit rechtsextrem orientierten Jugendlichen hat gezeigt, dass sich diskriminierende Einstellungen, intolerante Mentalitäten, fremdenfeindliche Gewalt und selbstzerstörerische Verhaltensmuster oft erst dann ändern, wenn die Jugendlichen andere, positivere Strategien der Lebensgestaltung und -bewältigung kennen lernen und diese für sich als sinnvoller erachten. Dieser Prozess sowie die Entwicklung von Eigenverantwortung und Wertschätzung anderer wird von den Mitarbeiter*innen begleitet.
Die Arbeit mit rechten Cliquen und die Auseinandersetzung mit rechtsextrem und menschenfeindlich orientierten Einstellungsmustern hat klare Grenzen.
Diese sind erreicht:
- Wo Jugendliche radikal ideologisiert und politisiert sind.
- Wo Jugendarbeit für rechtswidrige Zwecke oder rechtsextreme Interessen instrumentalisiert wird.
- Wo andere bedroht werden.
- Wo die Parteilichkeit für das Opfer Vorrang haben muss.
- Wo andere Jugendliche keinen Platz mehr finden.
- Wo Akzeptanz zur Einbahnstraße verkommt.
- Wo Jugendliche Verkumpelung durchsetzen wollen.
Den Jugendlichen Grenzen zu setzen bedeutet nicht, sie auszugrenzen oder ihnen mit Verboten zu begegnen. Im Mittelpunkt der Arbeit mit rechten Jugendcliquen steht eine offensive Konfrontation der Jugendlichen mit anderen Konfliktlösungsstrategien, Denkweisen und Lebensmustern durch die Pädagog*innen. Die Akzeptanz des Gegensätzlichen ist Ausgangspunkt von Einmischungs- und Veränderungsprozessen. Geeignete Methoden sind z.B. Diskussionen zu führen, verbale Auseinandersetzungen einzugehen, Widersprüche aufzuzeigen, Schwerpunktthemen aufzugreifen und den Jugendlichen ihre Verhaltensweisen zu spiegeln.
Begleitet werden in der praktischen Arbeit ausschließlich Jugendliche, weil sie in dieser Lebensphase nach Orientierungen zur Identitätsbildung suchen und in der Regel noch kein festgefügtes rechtsextremes Weltbild haben. Durch das Erweitern von Handlungs- und Erfahrungsspielräumen sowie das Initiieren und Aufrechterhalten des Dialoges mit den Jugendlichen werden Veränderungsprozesse möglich. Grundlage ist dabei eine vertrauensbildende Beziehungsarbeit. Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Sexismus und andere Aspekte von Rechtsextremismus bzw. gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit können in diesem langfristigen Prozess wirkungsvoll reduziert werden.
Häufig werden rechtsextreme Einstellungen und Verhaltensweisen dadurch gefördert, dass sich Jugendliche von ihren Familien, den Gleichaltrigen, ihrem Stadtteil oder der Gesellschaft insgesamt wenig anerkannt oder sogar ausgegrenzt fühlen. ‚Akzeptierende Jugendarbeit mit rechten Cliquen‘ hat deshalb insbesondere zum Ziel, eine (Re-)Integration der Jugendlichen zu erreichen. Der Erfolg demokratischer Partizipationsformen ist Voraussetzung für eine Distanzierung zu rechtsextrem orientierten Haltungen und Milieus.
Section ‚Acceptance-based youth work with right wing youth groups‘ also available in English.
Kontakt:
VAJA e.V.
Team spot.
Hinter der Mauer 9
28195 Bremen
Tel.: 0421/76 266
Fax: 0421/76 252
Mail: spot(at)vaja-bremen.de
» Flyer zur Beratung von Eltern und Angehörigen als pdf
» Artikel „Aufsuchende Jugendarbeit mit rechtsextrem und menschenfeindlich orientierten Jugendlichen im urbanen Raum“ (2014) als pdf
» Artikel „Hetzt mich nicht! Online- und Offlinepraxis der Rechtsextremismusprävention im Kontext der Flüchtlingsdebatte“ (2016) als pdf
Zu mehr Infos und weiteren Veröffentlichungen des Teams in unserem Archiv gelangen Sie hier.