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Scheinwerfer

Wie jedes Jahr wurden auch 2008 jede Menge Auszeichnungen verliehen: Menschen wurden geehrt für ihren großartigen Einsatz auf allen Ebenen des öffentlichen Lebens, dabei immer ordentlich inszeniert und von der Presse ins rechte Licht gerückt. Doch nicht erst seit Brecht wissen wir, dass man „die im Dunkeln“ oft übersieht, was nicht nur gesamtgesellschaftlich tragisch ist, sondern auch dazu führt, dass die kleinen, dramatischen Alltagseinsätze der Kollegen von VAJA völlig unverdient ein Schattendasein fristen müssen.

Um dem entgegenzuwirken, soll an dieser Stelle mal mit Pauken und Trompeten vom fantastischen Auftritt der Kollegen André T. und Wiebke J. berichtet werden, die unter Einsatz ihres Lebens sechs unschuldige Kinder in der Neuen Vahr vor einer qualvollen Katastrophe auf einem kaum zugefrorenen See retteten.

Bei einem ihrer Streifzüge durch den Stadtteil wurden sie von Jugendlichen darauf hingewiesen, dass auf der gegenüberliegenden Seite des Sees an der Berliner Freiheit Kinder auf dem Eis spielten. Alarmiert zogen sie los und überzeugten sofort durch ihre pädagogischen und rhetorischen Qualitäten, mit denen sie den Kindern ihren Tod im Eis in den grausamsten Farben ausmalten. Die Kinder, sichtlich verunsichert, wollten plötzlich nichts lieber als nach Hause zu Mama, wenn es da nicht ein Problem gegeben hätte: Die Mütze eines der Jungen lag weit draußen auf dem Eis, als Mutprobe rausgeworfen. Nun wagte natürlich keiner mehr, sich auf das dünne Eis zu begeben. Was tun? Mama würde schrecklich schimpfen, wenn man ohne Mütze nach Hause käme! Kurzentschlossen griffen die Kollegen ein weiteres Mal ein. Nach kurzer Suche fand sich ein geeigneter Ast, den der entsprechende Baum nach einem ermüdenden Kampf auch endlich freigab. Damit begaben sich die Kollegen an den Rand der Eisfläche, um nach der Mütze zu angeln. Dramatischerweise war der Ast um ca. 20 cm zu kurz und die Mütze schien verloren. Doch die Kollegen gaben nicht auf: In einer Formation, die hier durchaus als akrobatische Höchstleistung bezeichnet werden kann, beugte sich André T. in einem schwingelerregenden Winkel weiter und weiter nach vorne, gehalten von Wiebke J. unter Einsatz ihrer gesamten Körperkraft. Die Kinder hielten die Luft an. Es vergingen einige unendlich lange Sekunden. André T. steckte sich noch weitere 5cm, 6cm, 7cm, Wiebke J. zerrte an seinem anderen Arm … da war die Mütze! Geschafft! Sie wurde herangeangelt und den Kindern übergeben. Die sich dann, kusch kusch, zu guter letzt nach Hause davonmachten. Gefahr gebannt!

Kaum konnte man die Silouetten der heldenhaften Kollegen erkennen, als sie bescheiden in Richtung Berliner Freiheit zurückschlenderten.

Das Ganze war natürlich wieder einmal im Stockdunkeln passiert…

Veröffentlicht am 7.Januar 2009 um 12:04 im Straßenblog unter der Kategorie Allgemein

Kommentare

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Ach Kornelia, was für eine schöne Geschichte, da geht mir im neuen Jahr jetzt schon richtig das Herz auf! Wie lieb von dir, deinen KollegInnen die absolut gerechtfertigte und wahrlich verdiente Anerkennung zukommen zu lassen. Andere KollegInnen in anderen Städten, in anderen Arbeitsfeldern hätten wahrscheinlich gesagt, dass das nicht ihr Zuständigkeitsbereich sei, wären aber (hoffentlich) trotzdem ihrer Zivilcourage nach gekommen (soviel GUTMensch muss sein) und hätten evtl die Feuerwehr und das `Bild`gerufen, um am nächsten Tag über ihre heldenhafte Tat in der Zeitung zu lesen und damit bei ihren Chefs zu prahlen!
Für uns der einzige Trost: Im Dunkeln lässt sich`s gut munkeln! UND:
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